Event Pics - KISS sagt laut Bye Bye in Zürich (04.07.2019)
Abschieds-Konzert von KISS im Hallenstadion Zürich – mehr als 45 Jahre ungebrochener Enthusiasmus
Am amerikanischen Unabhängigkeitstag, am Donnerstag, 04. Juli 2019, gastierte wohl ein letztes Mal in der Schweiz die Glam Rock-Band KISS. Das mit 14000 Fans („KISS-Army“ – Logo wurde vor der Show eingeblendet) praktisch ausverkaufte Hallenstadion Zürich war die perfekte Kulisse für diesen Event. 2015 waren es in derselben Spielstätte nur gerade 7000 Fans. Besucher jeglichen Alters wollten die 4 Hard Rocker mit Bandgründung 1973(!!) auf Ihrer The Final Tour Ever - End of the Road World-Tour nochmals sehen und bejubeln. Ist man ein Support-Act desselben Genres gewohnt staunt man auf dieser Tour nicht schlecht, wenn ein Maler die Bühne betritt. Als ich im Vorfeld den Namen David Garibaldi las, dachte ich zuerst an den Schlagzeuger der Funk-Band Tower Of Power. Weit gefehlt, es ist ein „Performance Painter“ mit demselben Namen.
Das Experiment mit einem Genre-unüblichen Artisten vor dem Headliner auf der Bühne zu stehen misslingt in den meisten Fällen. So wurde mal ein Komiker vor Alice Cooper in der Konzertfabrik Z7 in Pratteln ausgebuht. Im Fall vom Aktions-Maler David Garibaldi war es nicht so. Er hatte die meisten Besucher auf „seiner Seite“, weil er in Gestik eines Rockstars auftrat und mit Überraschungsmomenten seiner Kunst aufwarten konnte. So schwang er seine beiden Pinsel beim zweiten Portrait für ein Bildnis von Jimi Hendrix so gekonnt, dass man erst sein Werk beim Dreh um 180° erkannte – so gut! Insgesamt malte er drei Portraits, neben Hendrix kam noch Metallica-Sänger James Hetfield und natürlich KISS zum Zuge. Ich habe mich gut unterhalten – wie fandet Ihr’s? Für einen guten Zweck wurden die Bilder im Anschluss versteigert.
KISS wurde im Feuerregen mittels Hebebühnen von der Decke auf die Bühne geholt. Zumindest drei der vier Protagonisten kamen in diesen Genuss – namentlich Paul Stanley (The Starchild, Vox, Gesang, Gitarre, Gründer, 1973), Gene Simmons (The Demon, Gesang, Bass, Gründer, 1973) und Tommy Thayer (The Spaceman, Gitarre, Back-Vox, seit 2002). Schlagzeuger Eric Singer (The Catman, Drums, Back-Vox, 1991 mit Unterbrüchen) nahm zuvor schon Platz hinter dem Drum unter dem grossen Back-Screen. Mit Detroit Rock City begann die Show um ca. 21:00 Uhr und die teils geschminkten Fans in den ersten Reihen gingen steil. Diese tolle Stimmung übertrug sich bis in die hintersten Stehreihen und schwappte über auf die Sitzplätze. Übers ganze Konzert herrschte eine sehr gute Stimmung, aber mehrheitlich auf dem Hallenboden. Auf den Rängen kam es nur ab und an zu Standing Ovations – man hielt sich schon sehr vornehmlich zurück auf den Sitzen – um vermutlich die Sitzreihe hinten dran nicht zu verärgern. Um auch den Fans in den hintersten Reihen Details der Show zeigen zu können hatten die Amis neben der erwähnten grossen Bildwand auch links und rechts der Bühne zwei etwas kleinere Schirme. Von insgesamt drei Kameramännern eingefangene Filmsequenzen wurden darauf von der Regie gezeigt. Die Herren verstanden Ihr Handwerk und sorgten vor der Show für eine Einspielung der Band in den „Katakomben“ des Hallenstadions. Hätten nur die Soundmischer Ihr Handwerk ähnlich gut beherrscht. Paul Stanley’ und Gene Simmons‘ Stimmen haben sich seit 2015 schon verschlechtert (speziell in den Höhen), aber der nicht über alle Zweifel erhaltene Sound trug noch mehr dazu bei, dass es „dünn“ rüber kam. Sorry, da wurde geschlampt und sowas sollte nicht auf einer Abschieds-Tour passieren! Da können noch so viele Feuersalven in der vertikalen oder horizontalen abgehen oder Bühnennebel wie Wasser über den Bühnenrand fallen – DAS war ein Manko! Die Show war grossartig (Feuer, CO2, Nebel, Laser, Strobo-Blitze, Böller zum erschrecken uvm.) und obligate Einlagen wie Feuerspucken, Plektrum auf Zunge oder Blutspucken mit Wurf des blutigen Handtuchs ins Publikum waren die I-Tüpfelchen. Nicht zu vergessen als Stanley für zwei Lieder auf der kleinen Bühne im Saal rockte – besser: typisch tänzelte und sang zu Love Gun und DER Mitsingnummer I Was Made for Lovin‘ You. Wie kam es dazu? "Wollt ihr, daß ich zu Euch komme? Dann müsst ihr mich rufen!", schrie Stanley ins Mikro. Nach mehr und mehr "PAUL!"-Rufen steigt Stanley mit seinem Fuss cool in den Ring einer Seilbahn und "schwebt" über die Köpfe der Zuschauer auf besagte Plattform (kleine Bühne). Dies war ein Höhepunkt und riss selbst die Fans auf den Sitzplätzen hoch. Gene Simmons stand ein paar Songs vorher auf einer Hebebühne knapp vor der der Hallendecke. Performen und Interagieren können die Jungs und sie sind trotz Lenzen und grobem Schuhwerk sehr agil auf der Bühne. Grandios!
Die Liederauswahl fand ich ausgezeichnet. Mir gefiel auch, dass sie im Rahmen der Tour sehr viel älteres Song-Material, neben den obligatorischen Hits, zum Besten gaben. Stimmlich herausragend war die Einlage von Drummer Eric Singer. Er sang und begleitete sich auf dem Piano. Mich überkam Gänsehaut und gerade eben beim Schreiben dieses Satzes. Das war so schön – Singer in blauem Licht eingehüllter Bühne nur mit einem Scheinwerferkegel beleuchtet. Wenn der Sound besser gewesen wäre, hätte man wohl von einem überragendem Konzert geschrieben und gesprochen, aber so war es ein sehr gutes Konzert und trotz allen Unkenrufen zum Trotz eine würdige Abschiedsvorstellung – wir werden Euch vermissen und hoffen insgeheim, dass KISS vielleicht doch noch zurückkehren. Jedoch bitte nicht so eine Abschieds-Tour auf ein Jahrzehnt wie es eine andere Hard Rock-Band (Name der Redaktion bekannt, *smile*) betreibt.
Danke, Thank You und MERCI – KISS!
Setliste KISS (Zürich, Hallenstadion, Donnerstag, 04. Juli 2019)
Intro: Rock and Roll (Led Zeppelin Cover)
Detroit Rock City, Shout It Loud, Deuce, Say Yeah, Heaven’s on Fire, War Machine (Simmons spuckt Feuer), I Love It Loud, Lick It Up (mit Won’t Get Fooled Again), Calling Dr. Love, 100000 Years (mit Drum Solo), Cold Gin (mit Gitarren Solo), God of Thunder (mit Bass Solo), Psycho Circus, Let Me Go, Rock’N’Roll (Git und Bass Solo), Love Gun (Stanley auf kleiner Bühne), I Was Made for Lovin‘ You (Stanley auf kleiner Bühne), Black Diamond
Zugabe: Beth (Singer am Piano), Crazy Crazy Nights, Rock and Roll All Nite
Outro (ab Band): God Gave Rock’N’Roll to You II
Text/Photos: Daniel Strub
Veranstalter: Good News Production AG