Event Pics - Babyshambles, Kapoolas und Hong Faux in Lörrach (25.07.2014)
Vermeintliches „Enfant Terrible“ entpuppt sich als poetisch-ironischer, fan-naher Frontmann
Am Freitagabend, 25. Juli 2014, fanden sich markant weniger Konzertbesucher auf dem Marktplatz in Lörrach ein als ein Tag zuvor beim ausverkauften The BossHoss-Konzert. Die „Ticketverkäufer“ probierten mit allerlei Tricks und Rabatten Ihre Karten an die Frau/Mann zu bringen. Dennoch war bereits eine ordentliche Kulisse bei der ersten Band an diesem Abend, Indie-Rock-Band Kapoolas aus Basel, vor der Bühne. Und dies zu recht. Das Quintett aus der Region überraschte mich mit gut strukturierten, teils hymnenhaften Songs und einer facettenreichen Stimme von Frontmann Beni Gut. Kapoolas nutzten Ihre kurze Bühnenzeit von rund 30 Minuten und konnten sicherlich, neben den vielen Besuchern aus Basel (viele bekannte „Konzert“-Gesichter vor Ort), etliche neue Fans gewinnen. Es lohnt sich mal ein Ohr voll vom aktuellen Album Travellers zu nehmen!
Im Vorfeld zum Konzert von Babyshambles war ich innerlich zerrüttet – wohl trefflich zu den Geschichten oder Presseartikeln zu Frontmann Pete Doherty, haha. Mein erstes Shambles-Konzert und die Fragen, „wie „drauf“ ist die Band, wie gut können Sie Ihr musikalisches Material live umsetzen“ oder bis zu „wird Doherty womöglich von der Bühne stürzen?!?“ Mit ein paar Minuten Verspätung, das ist ja nichts im Vergleich zu einem Axl Rose (Guns N’Roses), begannen die Briten zu wirken. Mic Whitnall (Gitarre), Drew McConnel (Bass), Adam Falkner (Schlagzeug) und verstärkt durch einen Keyboarder legten 10 nach Neun mit 8 Dead Boys los. Doch wo war Frontmann? Uff, Glück gehabt, Pete Doherty mit seinem obligaten Hut hat den Weg auf die Bühne geschafft. Er sieht bis auf seinen leicht torkelnden Gang fit aus und scheint wie die restlichen Band-Mitglieder nicht schlecht gelaunt zu sein um den Leuten auf dem Marktplatz Ihren melodiösen Rock mit einer Prise Melancholie auf die Ohren zu geben. Bereits als zweites Lied spielten Sie den Hit Delivery und die Fans auf dem in der Zwischenzeit ziemlich voll gewordenen Marktplatz gingen gut mit. Wie wenn Doherty seine momentane, gute Verfassung den Kritikern beweisen will, geht er in die Knie, springt hoch, schlägt sich im Takt das Mikro an den Allerwertesten oder lässt es kreisen. Ein paar Mal ging das Mikro um Haaresbreite neben den Köpfen der Mitmusiker vorbei. Doch die liessen sich nicht weiter stören und spielten weiter wie nichts gewesen wäre. Man wird wohl mit den Jahren im Zusammenspiel mit dem Sänger abgehärtet. Vermutlich waren dennoch zwei Mikro am Ende der Show „am Arsch“. Eines flog ins Publikum und das andere war nach x Berührungen mit dem Bühnenboden hörbar für eine Generalüberholung fällig.
Ich wurde nicht schlau, was ist nun Show und wie ist Pete Doherty wirklich?!? Beispiele gab es zur Genüge. Einen geschenkten Teddybären wollte er zuerst in die Hosentasche stecken, aber als er da nach etlichen Versuchen keinen Platz vorfand, setzte er ihn kurzerhand, schon fast zärtlich, auf einen Verstärker. Dann schlich er sich kurzzeitig von der Bühne um an Zigaretten zu kommen um danach das Publikum nach einem Feuerzeug zu fragen. Und siehe da, es flogen prompt Zwei auf die Bühne. Ok, es dauerte eine Weile bis er sie erblickte, aber er bedankte sich artig. Dagegen wird beim Song Fireman vom aktuellen Album Sequel to the Prequel (2013) einfach mal der Mikroständer von der Bühne gekickt oder eine Rose auf der Bühne abgefackelt. Beim letzten Song, Fuck Forever, kleidete er den Bassist kurzerhand mit einem BH ein, der die letzten Minuten des Konzertes als Zier des Mikro-Ständers her halten musste. O-Ton Doherty: „Ich bin ein freier Mann“ – eine treffende Beschreibung über sich. A pro pos Deutsch, er spricht ansprechend Deutsch, obwohl er mit zunehmender Show und Alkoholkonsum ein Mix aus Deutsch und Englisch oder sogar was Unverständliches von sich gab. „Was ist los, Baden Baden?“ haben aber wohl alle auf dem Lörracher Marktplatz verstanden. Der Typ provoziert wohl gerne und hat Erfolg damit.
Die Stimmung war sehr gut und die Fans hofften und warteten auf eine weitere Zugabe. Eine musikalische gab es nicht, jedoch kam Pete Doherty später auf den Platz des Geschehens zurück und hatte Appetit auf eine Wurst. Dazu stellte er sich den Fanwünschen nach Autogramme und Photos. Ein Fan-naher Rockstar ohne grosse Berührungsängste – Chapeau.
Ich würde das ganze Konzert als unkontrolliert mit System, musikalisch einwandfrei und einem sehr unterhaltsamen, wenn auch ziemlich schrägen, teils provokanten Frontmann umschreiben. Hat echt Spass gemacht diese Band in dieser guten Verfassung live zu erleben!
Setliste Babyshambles:
8 Dead Boys, Delivery, Nothing Comes to Nothing, Baddies Boogie, Killamangiro, 7 Shades, I Wish, Farmers Daughter, Side of the Road, Unbilotitled, A’Rebours, Maybelline, Penguins, Fireman, Unstookie Titled, Carry On Up the Morning, Pipedown
Bonus: Stone Me, Fuck Forever
Nach dem Konzert auf dem Marktplatz luden die Veranstalter die Konzertbesucher in den nahe gelegenen Burghof ein. Mit dem erworbenem Ticket von zuvor oder dem Eintritt von 5 Euro hatte man Zugang zum Konzert der schwedischen Stoner-Band Hong Faux. Da mir die Band als Abschluss dieses interessanten Konzertabends gut gefallen hat, sind auch ein paar Bilder davon in der Photo-Galerie zu finden.
Photos und Text: Daniel Strub